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Von Michael Mannheimer, 08. April 2021

Politische Vorhaben, die innerhalb des Overton-Fensters liegen, gelten als konsens- oder mehrheitsfähig

Als Overton-Fenster wird der Rahmen an Ideen bezeichnet, die im öffentlichen Diskurs akzeptiert werden, unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Moral. Nach diesem Modell enthält dieses Fenster eine Reihe von Postulaten, die im aktuellen Klima der öffentlichen Meinung als politisch akzeptabel angesehen werden und die ein Politiker empfehlen kann, ohne als zu extrem zu wirken, um ein öffentliches Amt zu erhalten oder zu behalten. Das Konzept wird auf der ganzen Welt angewandt, insbesondere von politischen Analytikern – zum Beispiel zur Evaluation und Einschätzung von Sachverhalten. Ein verwandter Begriff ist der Meinungskorridor, der in Schweden und Norwegen verwendet wird.

Der Name leitet sich von dem Begründer dieser Theorie Joseph P. Overton (1960–2003) ab, einem amerikanischen Anwalt und ehemaligen Vizepräsidenten des Mackinac Center for Public Policy. Overton behauptete, die politische Lebensfähigkeit einer Idee hinge hauptsächlich davon ab, ob sie in dieses Modell passe und nicht so sehr davon, den individuellen Präferenzen der Politiker gemäß konzipiert zu sein.

Das Overton-Fenster ist ein Ansatz, um zu bestimmen, welche Ideen den Bereich der Akzeptanz innerhalb der möglichen Regierungspolitik einer Demokratie definieren. Befürworter von Postulaten außerhalb des Fensters (Framing) versuchen, die Öffentlichkeit zu überzeugen oder sie zu beeinflussen, um das Fenster zu verschieben und/oder zu erweitern. Befürworter der gegenwärtigen oder ähnlicher Standards versuchen innerhalb des Fensters die Menschen davon zu überzeugen, dass die außerhalb liegende Politik als inakzeptabel betrachtet werden sollte.

Das Overton-Fenster geht von der Frage aus, warum so viele neue und plausible Ideen nicht ernst genommen werden. Overton stellte fest, dass Politiker, die wiedergewählt werden wollen, sich keine Antworten leisten wollen oder können, die als extrem gelten. Der Rahmen des Akzeptablen sollte nicht gesprengt werden. In diesem „Annehmlichkeitsfenster“ finden sich akzeptable Vorhaben, die von Experten oder Wissenschaftlern abgesegnet wurden, die durch Statistiken abgesichert und belegbar sind, die gute Chancen haben, in die Gesetzgebung aufgenommen zu werden und letztlich von vielen Wählern mitgetragen werden.
[Rutger Bregman: Utopien für Realisten. 2. Auflage. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2019]

Laut der sogenannten Overton-Fenster-Theorie gibt es für jede Idee oder für ein Problem in der Gesellschaft ein sogenanntes Fenster der Möglichkeiten/ der Gelegenheit. Innerhalb dieses Fensters hat man die Option, über eine Idee zu diskutieren, sie öffentlich zu unterstützen, zu fördern und zu versuchen, sie schließlich als Gesetz zu statuieren. Es bestehen eine Reihe von Möglichkeiten, die von «undenkbar», d.h. der öffentlichen Moral völlig entgegengesetzt bis hin zu „aktuell“, d.h. breit diskutiert und angenommen im Bewusstsein der Massen und letztlich gesetzlich verankert.

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