'....(Fettschrift und Wikipedia-Links zu den Personen, d. Red.) ........


Vertriebene, Aussiedler und Spätaussiedler haben Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nachhaltig geprägt. Sie haben Deutschland gemeinsam mit den Einheimischen wiederaufgebaut.

Die Eingliederung der fast acht Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen in
Westdeutschland und vier Millionen in der damaligen sowjetischen Besat-
zungszone schien für viele eine bittere Lebenserfahrung und schier unlösbare
Aufgabe. Doch mit Mut, Energie und großem Leistungswillen bauten sich
die Vertriebenen aus dem Nichts neue Existenzen auf.

In beiden Teilen Deutschlands: Sie waren es im großen
Maße, die durch ihre Arbeitskraft und Leistungsbereitschaft das „Wirt-
schaftswunder“ der 50er Jahre ermöglichten und damit der jungen Bundes-
republik ihre demokratische Stabilität verliehen. Sie prägten auch den Wie-
deraufbau im Osten, auch wenn dort ihr Schicksal über Jahrzehnte tabui-
siert wurde.

Die Heimatvertriebenen konnten trotz zahlloser Widrigkeiten in allen Le-
bensbereichen Fuß fassen. Ob in der Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Kir-
che, in der Kultur oder beim Sport: die Heimatvertriebenen prägten den Auf-
bau Deutschlands und gestalteten Politik mit.

Persönlichkeiten wie Paul Löbe (SPD) aus Schlesien,  Kurt Schumacher
(SPD), Rainer Barzel (CDU) aus Ostpreußen oder Erich Mende (FDP) aus
Oberschlesien beeinflussten die Politik der jungen Demokratie nachhaltig.
Viele mit Wurzeln im früheren deutschen Osten oder in Mittel-, Ost- und
Südosteuropa prägen unsere Gesellschaft noch immer !

Im öffentlichen Bewusstsein ist dieses kaum bekannt:

Der CDU Politiker Volker Kauder hat elterliche Wurzeln in der Batschka und
die von Minister Sigmar Gabriel (SPD) liegen sowohl in Schlesien als auch in
Ostpreußen. Der frühere Bundespräsident Horst Köhler ist Kind bessara-
biendeutscher Eltern, der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (Bünd-
nis 90/Die Grünen), beeinflusste als Kind einer Vertriebenenfamilie die Po-
litik an der Spitze des Staates maßgeblich.

Unternehmer wie die Familie Merckle aus dem Sudentenland oder
Beate Uhse
aus Ostpreußen schufen durch ihr Engagement hundertausende von Ar-
beitsplätzen und gaben Nachkriegsdeutschland Impulse, die bis heute
wirken. Quer durch Deutschland haben Vertriebene kleine und mittlere
Unternehmen aufgebaut, die bis in unsere heutigen Tage Bestand haben.
Vertriebene oder ihre Nachkommen prägen auch aktuell aktiv unser Wirt-
schaftsleben: So beispielsweise VW Chef Martin Winterkorn, dessen Eltern
ungarndeutsche Wurzeln haben. Der einflussreiche Unternehmer Reinfried Pohl,
Gründer der Deutschen Vermögensberatung, stammt aus Böhmen
und der Verleger Herbert Fleißner hat seine Wurzeln in Eger.
Meinhard von Gerkan, aus einer deutsch-baltischen Familie stammend, gehört zu den
großen internationalen Architekten Deutschlands.

Die Kulturlandschaft Deutschlands wäre ohne den Beitrag der Vertriebe-
nen kaum denkbar. Der Komponist Michael Jary aus Oberschlesien gab
dem jungen Deutschland seine Schlager, Heinz Erhardt prägte als deutsch-
baltisches Kind mit seinem Humor eine ganze Epoche. Der Schauspieler
Armin Mueller-Stahl tut es noch immer: Er hat in Ostpreußen das Licht der Welt
erblickt, wie auch der erfolgreiche Komponist Siegfried Matthus und der
Schriftsteller Rüdiger Safranski. Aus Mähren stammt der Publizist, Schrift-
steller und Literaturkritiker Hellmuth Karasek. Nicht nur er pflegt einen en-
gen Kontakt in seine alte Heimat. Der jüngst verstorbene Schriftsteller
Otfried Preußler
wurde in Reichenberg, Böhmen, geboren, im selben Ort, wie
der Maler Markus Lüpertz. Ohne die Nobelpreisträger Günter Grass aus
Danzig und Herta Müller aus dem Banat wäre die deutsche Literatur ärmer.
Kinder von Vertriebenen sind im öffentlichen Leben ständig präsent.

Sei es im Sport oder in der Unterhaltungsbranche. So stammen die Familien des
Fußballtrainers Felix Magath und des Fußballers Udo Lattek aus Ost-
preußen. Die Box-Europameisterin Ina Menzer ist, wie die Sängerin
Helene Fischer Russlanddeutsche. Auch eines der bekanntesten TV-Gesichter
hat familiäre Wurzeln in Oberschlesien: Der erfolgreiche Entertainer
Thomas Gottschalk.

Und mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,
Robert Zollitsch, einem Donauschwaben, steht, ebenso wie mit dem
Schlesier Kardinal Joachim Meisner, ein Vertriebener an herausragender Position in der
Katholischen Kirche. So hat nicht nur die evangelische Theologin
Margot Käßmann einen Vertriebenenhintergrund:

Ein Viertel aller Deutschen sind Vertriebene oder ihre Nachfahren.
Der BdV will mit seinem Leitwort 2014 ein Fenster öffnen und den Blick
auf den kreativen Beitrag der Vertriebenen und ihrer Nachkommen zur Ent-
wicklung Deutschlands lenken. Denn wer genau hinsieht erkennt:

Deutschland geht nicht ohne uns!

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Quelle: BdV - Nachrichten - Folge 2 - 2014 (Juni 2014 - August 2014)