katholisches.info - Stefano Fontana, Benedikt XVI. zwei Jahre nach seinem Tod – eine Lektion, die man nicht vergißt - Benedikt XVI. hat die Korrektur der nachkonziliaren Abwege aufgezeigt, auch dort, wo er sie selbst nicht verlassen hat
Unter den Dingen, die er uns hinterlassen hat und die dazu dienten, so viele nachkonziliare Tendenzen zu korrigieren, die für das Leben der Kirche zerstörerisch waren, müssen wir uns vor allem an die zentrale Bedeutung des Themas der Wahrheit und des richtigen Verhältnisses zwischen Vernunft und Glauben erinnern, die es ihm ermöglichten, den Dialog auch mit Laien und Atheisten auf eine solide Grundlage zu stellen, ohne ihn auf sentimentale Nächstenliebe zu gründen, weil diese von der Wahrheit abgekoppelt war.
Dies erlaubte ihm, sowohl die legitime Autonomie der Vernunft zu bekräftigen als auch den Vorrang des Glaubens zu bestätigen. Nach seiner Lehre verlangt die Vernunft nämlich nicht, daß sie aufhört, Vernunft zu sein, und zum Glauben wird, sondern daß sie prüft, wie die Hilfe des Glaubens sie befähigt, noch mehr Vernunft zu sein. Der Gott mit menschlichem Antlitz, so sagte er 2006 in Verona, verlangt nicht, daß der Christ aufhört, Mensch zu sein, sondern daß der Mensch in Christus die Bestätigung aller höchsten Ansprüche seines Menschseins findet. Die Vernunft würde dann verstehen, daß es keine rein natürliche Ebene gibt, sondern daß sie entweder das Licht von der anderen Seite annimmt und in die Menschlichkeit aufsteigt, oder daß sie auf den Grund hinabsteigt und sich selbst verdirbt. Papst Benedikt lehrte, daß es keinen Mittelweg gibt, bis hin zu der Aufforderung an die Laien, zumindest so zu leben, als ob es Gott gäbe, und damit die Naturalismus-These von Grotius zu verwerfen, die Benedikt als zum Scheitern verurteilt ansah. Zahllos sind die konkreteren Folgen dieses Ansatzes, den ich nun in seiner synthetischen Form vorgestellt habe: die Rückkehr zum Naturrecht, eine Moraltheologie, die den Begriff des Naturrechts nicht verwirft und sich nicht völlig auf die Naturvergessenheit der Geschichte verläßt, die Lehre von den nicht verhandelbaren Werten, die Seelsorge, die der Lehre verpflichtet ist, die Wiederentdeckung der Schöpfung und auch der politischen Konsequenzen der Erbsünde, die Wiederherstellung der Soziallehre der Kirche usw.
Zu den Unvollkommenheiten, die dennoch auch in seiner Lehre zu finden sind, gehört auf einer sehr allgemeinen Ebene, daß die Rechnungen mit dem modernen Denken nicht endgültig abgeschlossen wurden.
Seine Konzeption des Liberalismus, die vor allem in seinen Dialogen mit Marcello Pera zum Ausdruck kommt, war nicht völlig überzeugend. Und doch hätten seine Vorstellungen vom Naturrecht, vom natürlichen Sittengesetz und von der Freiheit, die von Anfang an mit der Wahrheit verbunden ist, Anhaltspunkte für einen Abschluß des Themas sein können und bleiben es auch. Auch das Konzept des Säkularismus und die öffentliche Rolle der Kirche können nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Wenn, wie er lehrte, die wahre Religion unabdingbar ist, damit die Politik wirklich in vollem Umfang eine solche ist, dann hat die Politik ein wesentliches Bedürfnis nach wahrer Religion, das jedoch der liberale Säkularismus, nicht nur vom französischen Typ, sondern auch vom amerikanischen Locke-Typ, nicht zu gewährleisten vermag, mit allen Konsequenzen, die sich daraus für die Frage einer multireligiösen Gesellschaft ergeben. Dennoch gibt es, wie in den vorangegangenen Zeilen gesehen, in seinem Denken indirekte Hinweise, um das Problem einer Lösung zuzuführen. In diesem Artikel gibt es keine Möglichkeit, auf andere sehr wichtige Themen hinzuweisen, wie die Frage der Liturgie oder seine Lehre über die Tradition, die nicht mehr als eine der beiden Quellen der Offenbarung gesehen wird, sondern als Interpretation der einen Quelle der Schrift, usw.
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