Quelle:

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Worte des Heiligen

Aus der Ordnung des Kosmos versucht Athanasios den Heiden die Existenz eines ordnenden Schöpfers zu beweisen.

Dabei bedient er sich Entsprechungen aus der Musik:


Wenn also im Weltall nicht Regellosigkeit, sondern Regelmäßigkeit, nicht Mangel an Ebenmaß, sondern Symmetrie, nicht ein Chaos, sondern Ordnung herrscht und durchgängige Harmonie im Weltganzen, so müssen wir vernünftigerweise auf den Gedanken kommen, dass ein Herr existiert, von dem diese Verbindung und dieses Gefüge herrührt und der ihre Harmonie zuwege bringt.

Denn wenn er auch für das Auge unsichtbar bleibt, so kann doch aus der Ordnung und dem Zusammenklang der Gegensätze ihr Herr, Ordner und König erschlossen werden. Denn wenn wir z. B. ein Staatsgebilde aus vielen und verschiedenen Menschen, aus Kleinen und Großen, Reichen und Armen, aus Alten und Jüngeren, aus Männern und Frauen trefflich regiert und in ihm die verschiedenen Elemente einmütig zusammenleben sähen, also die Reichen nicht im Kampf gegen die Armen, die Großen nicht im Gegensatz zu den Kleinen, die Jüngeren nicht im Widerspruch mit den Alten, sondern alle in gleich friedlicher Eintracht, wenn wir, sage ich, dies sähen, so kämen wir sicher auf den Gedanken, dass hier ein Regent da ist, der für die Eintracht sorgt, auch wenn wir ihn nicht sähen.

Die Unordnung ist ein Merkmal der Anarchie, die Ordnung weist auf einen Herrscher hin.

Und wenn wir die Glieder am Leib in harmonischer Zusammenarbeit sehen, das Auge also nicht in Opposition zum Gehör und die Hand nicht im Streit mit dem Fuß, sondern jedes Glied in widerspruchsloser Erfüllung seiner Aufgabe, so schließen wir daraus mit Sicherheit, dass dem Leibe eine Seele innewohnt, welche die Glieder lenkt, auch wenn wir sie nicht sehen. 

Gerade so muss man in der Regelmäßigkeit und Harmonie des Weltalls den Lenker der Welt, Gott, erkennen, und zwar in der Einzahl, nicht in der Mehrzahl. Schon die Ordnung im Weltgebilde, wie auch die volle Harmonie aller Teile weist nicht auf viele hin, sondern auf einen, der sie beherrscht und lenkt, den Logos. …


Wo kein Herrscher mehr ist, muss die Unordnung eintreten. Andererseits weist die Ordnung und Eintracht unter den vielen und verschiedenartigen Teilen auf einen Herrscher.

Wenn z. B. einer eine viel- und verschiedensaitige Leier von ferne hört und sich wundert ob des harmonischen Zusammenklangs der Saiten, weil nicht die tiefe oder hohe oder mittlere Saite allein den Ton gibt, sondern alle miteinander zu einem gemeinsamen Akkord ertönen, so schließt er daraus jedenfalls nicht, dass die Leier sich selbst in Schwingung bringt oder etwa von vielen geschlagen werde, vielmehr, dass nur ein Musiker den Ton einer jeden Saite zu einem harmonischen Akkord virtuos verbinde, vermag er auch diesen nicht zu sehen. 

Gerade so folgt auch aus der all-harmonischen Ordnung im Weltganzen, aus der Tatsache, dass das Obere nicht gegen das Untere, noch das Untere gegen das Obere sich kehrt, vielmehr alles auf eine Ordnung abzielt, dass man sich nur einen und nicht viele als Regenten und König der gesamten Schöpfung denken darf, der mit seinem Licht alles erleuchtet und bewegt. …

Um den so wichtigen Gegenstand in einem Gleichnis verständlich zu machen, sei als entsprechendes Bild hierfür ein großer Chor gewählt. Der Chor gruppiert sich ja aus verschiedenerlei Leuten: aus Kindern, Frauen, bejahrten und noch jungen Menschen. Auf das Zeichen eines Dirigenten hin singt ein jedes nach seiner Natur und Fähigkeit, der Mann wie ein Mann, das Kind wie ein Kind, der bejahrte wie ein bejahrter und der junge wie ein junger Mensch, und doch erzielen sie alle eine Harmonie.

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