katholisches.info - Roberto de Mattei, Die Katholiken vor den US-Wahlen - "Trump verdient es, in vielem kritisiert zu werden, aber es ist nicht erlaubt, Harris zum Sieg zu verhelfen"
Es gibt eine katholische Lehre vom kleineren Übel, die sich folgendermaßen zusammenfassen läßt:
Man darf niemals auch nur das geringste Übel direkt und positiv begehen.
Um ein größeres Übel zu vermeiden, kann man ein kleineres Übel, das von anderen begangen wird, dulden, sofern man es als solches nicht gutheißt und sich daran erinnert, daß es ein höheres Gut gibt, das man anstreben muß.
Diese Lehre ist grundlegend für die Orientierung in einer verwirrten Zeit, in der das Verständnis des Grundsatzes verlorengegangen ist.
Angesichts dieses Grundsatzes kann ein Katholik niemals für ein Abtreibungsgesetz stimmen oder es gutheißen, selbst wenn es nur geringfügig ist, aber er kann für einen Kandidaten stimmen, der nicht völlig abtreibungsfeindlich ist. Aus diesem Grund ist es für einen amerikanischen Katholiken legitim, für Donald Trump zu stimmen, dessen Positionen zur Abtreibung, wie Edward Feser feststellt, viel zu wünschen übrig lassen.
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Es ist bedauerlich, daß die Republikanische Partei keinen besseren Kandidaten als Donald Trump hervorgebracht hat, aber Kamala Harris ist sicherlich das größere Übel, das es zu vermeiden gilt. Trump verdient es, in vielen Punkten kritisiert zu werden, aber es ist nicht erlaubt, Harris den Sieg zu verschaffen, indem man für sie stimmt oder sich der Stimme enthält.
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Andererseits kommt die wahre Hilfe für Putin nicht von Trump, sondern von all jenen, die überzeugt sind, daß der russisch-ukrainische Krieg die Folge einer legitimen Reaktion des Kremls auf den amerikanischen Imperialismus ist. Wenn dies wahr wäre, wäre Amerika der Hauptfeind Europas, wie die europäische extreme Linke vor und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion immer dachte. Es ist jedoch für jeden Menschen mit gesundem Menschenverstand offensichtlich, daß die wirtschaftliche und militärische Abhängigkeit Europas von den Vereinigten Staaten nach wie vor ein geringeres Übel darstellt als eine Vasallensituation gegenüber Rußland, das selbst zu einem Vasallenland des kommunistischen China wird.
Das geringere Übel zu akzeptieren, bedeutet nicht, auf das höhere Gut zu verzichten,
das weder mit dem amerikanischen Liberalismus
noch mit dem russisch-chinesischen Despotismus zu tun hat.
Das unverzichtbare Ideal ist die „Einsetzung aller Dinge in Christus“, d. h. die Wiederherstellung der christlichen Zivilisation, wie sie das Abendland im Mittelalter kannte, aber auf einen höheren Grad der Vollkommenheit gebracht.
Der heilige Pius X. wies den Weg:
„Die Zivilisation muß nicht erfunden werden, und die neue Gesellschaft muß nicht in den Wolken errichtet werden. Es hat sie gegeben und sie existiert: die christliche Zivilisation, die katholische Gesellschaft.
Es geht nur darum, sie unablässig in ihren natürlichen und göttlichen Fundamenten zu errichten und wiederherzustellen, gegen die wiedergeborenen Angriffe
der ungesunden Utopie,
der Revolte und
der Gottlosigkeit:
Omnia instaurare in Christo (Eph. I, 10)“ (Brief Notre Charge Apostolique, 25. August 1910).
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung:
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