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Dieser westliche Humanismus, dem wir einen Großteil des Fortschritts und der Demokratie verdanken,

hat in der Geschichte jedoch nicht nur Konkurrenz durch einen Anti-Humanismus,
sondern auch durch einen noch heimtückischeren Über-Humanismus bekommen.

Der Antihumanismus ist zum Beispiel in Luther und seiner Sicht des Menschen als völlig abhängig von der göttlichen Gnade verkörpert; er umfasst aber auch die Hobbes’sche Theorie, die die Politik auf eine Delegation von Rechten und Macht vom Individuum an den Staat reduziert, um die bloße biologische Subsistenz zu erhalten.

In der protestantischen negativen Anthropologie lauert der Keim der Vergöttlichung der Politik, die entweder dazu führen kann, absoluten Gehorsam gegenüber dem Souverän zu predigen (wie Luther es tut) oder eine separate Gemeinschaft zu schaffen, die den Einzelnen streng kontrolliert (wie Calvin es tut).

Das Übermenschentum hat seine Wurzeln, so Capozzi, im christlichen Gnostizismus, als Bestreben, den Menschen vom Ebenbild zum Gleichen Gottes zu erheben.

Der Glaube an die Vernunft kann zu einem Fortschrittsglauben führen, der über die Grenzen der Natur hinausgeht. Die vom Calvinismus induzierte, aber auch teilweise von der Gegenreformation rezipierte perfektionistische Spannung im gesellschaftlichen Leben schuf jene kathartische Erwartung,

die in die Revolutionen des 18. Jahrhunderts und seither in die ständige Erwartung der westlichen Intelligenzia auf eine abrupte Palingenese überschwappen sollte.

In der Zeit der modernen Revolutionen ist die Dichotomie zwischen Humanismus und Anti-Humanismus bzw. Super-Humanismus immer noch zu finden. Die amerikanische Revolution wies dem Staat die Aufgabe zu, die individuelle Privatsphäre zu schützen; die französische Revolution hingegen wies dem Staat die Aufgabe zu, subjektive Rechte und Bestrebungen zu verwirklichen. Eine staatszentrierte Vision, die zu Eugenik und der heutigen Biopolitik führt, vereint durch die Idee, dass die Regierung die psycho-physische Gesundheit der Gesellschaft verbessern sollte. Es ist außerdem typisch für die gnostisch-superhumanistische Vision, erklärt Capozzi, die Gesellschaft drastisch in eine erleuchtete Elite von Hypermenschen und eine blinde Masse zu unterteilen, die der ersteren treu folgen muss.

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