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Kommt das Auto der Zukunft aus Ingolstadt? 800 Kilometer Reichweite mit einem Elektroauto, das man so unkompliziert und schnell auftanken kann wie einen Benziner oder Diesel. Ein ehemaliger Audi-Ingenieur hat dieses völlig neue Antriebskonzept entwickelt. Spannend daran: Seine Prototypen mit Methanol-Brennstoffzelle brauchen kein Ladekabel. Doch bislang kämpft der Ingenieur vergeblich um Unterstützung aus Politik und Industrie.

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Tanken statt laden - das bessere E-Auto ?

800 Kilometer Reichweite per E-Auto, ausgestattet mit Methanol-Brennstoffzelle. Ein Ex-Audi-Ingenieur hat das Antriebskonzept entwickelt. Doch warum interessieren sich Politik und Industrie nicht dafür? Das BR-Politikmagazin Kontrovers forscht nach.

Hoher Kohlestromanteil, mangelnde Reichweite, zu wenige Ladepunkte – das alles lässt viele am Elektroauto zweifeln. Auch den Ingolstädter Ingenieur Roland Gumpert. Deshalb hat er ein völlig neues elektrisches Antriebskonzept entwickelt. Es kommt ohne Ladekabel aus und soll trotzdem hohe Reichweiten ermöglichen. Und laut Gumpert kann es in drei Minuten so unkompliziert und schnell aufgetankt werden wie ein Benziner oder Diesel.

Technisches Herzstück ist eine Methanol-Brennstoffzelle. Wird die mit klimaneutral hergestelltem Methanol befüllt, fahren seine Autos auch ohne Treibhausgasemissionen, sagt Gumpert. Und: "Dieses Konzept können wir in jedes beliebige Auto einbauen, in einen Polo mit 50 PS oder in einen Langstrecken-Lkw mit 40 Tonnen. Wir sind den normalen Batterieautos haushoch überlegen."

 

Autor: Christoph Arnowski

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Roland Gumpert ist nicht irgendwer in der Automobilbranche. Jahrzehntelang war er erfolgreich für Audi tätig, zuletzt als Marketing-Vorstand für das VW-Audi-Jointventure China. Anfang der 80er-Jahre holte er als Chef von Audi-Sport mit seinen Rallye-Fahrern vier Weltmeistertitel nach Ingolstadt. Basis für diese Erfolge war der Quattro-Antrieb, 1980 eine technische Sensation. Zum ersten Mal baute ein Automobilhersteller einen permanenten Allradantrieb in seine Straßen-Pkw. Roland Gumpert gilt als einer der Väter des Quattro-Antriebes. Er weiß also, wie Innovation funktioniert und wie schwierig es ist, Auto-Konzerne davon zu überzeugen.

Desinteresse von allen Seiten

Jetzt, mit 76 Jahren, will es Gumpert noch einmal der ganzen Branche mit seiner eigenen kleinen Firma zeigen. Beweisen, dass sein Auto mit Methanol-Brennstoffzelle besser ist als jedes Elektroauto mit großer Batterie und Ladekabel.

Nur: Bei Politik und Industrie stößt er mit seiner Idee auf Desinteresse. Weil sie sich auf die batterieelektrische E-Mobilität verständigt und in deren Entwicklung zig Milliarden investiert haben? "Nur mit einem hohen Anteil von Elektroautos kann Deutschland das 2030-Klimaziel der EU erreichen vorgegebene Klimaziel erreichen", schreibt der Verband der Automobilindustrie VDA dem BR-Politikmagazin Kontrovers auf Anfrage. Alle anderen Optionen seien "bis dahin nicht in der 'Großserienproduktion' verfügbar".

Ist der neue Antrieb wirklich so gut wie behauptet?

Was taugt Gumperts Methanol-Brennstoffzelle wirklich? Um das herauszufinden, veranstaltet Kontrovers mit Unterstützung des Automobilclubs von Deutschland eine Vergleichsfahrt. Gumpert geht mit einem E-Smart an den Start, in den er eine Methanol-Brennstoffzelle eingebaut hat. Das Vergleichsfahrzeug ist ein herkömmlicher E-Smart: Obwohl dessen Fahrer an diesem kalten Apriltag auf die Heizung verzichtet, schafft er die 130 Kilometer lange Strecke nicht ohne Ladestopp. Im Kleinwagen mit der Methanol-Brennstoffzelle ist es dagegen warm. Und er ist eine halbe Stunde früher am Ziel. Die Reichweite mit einer Tankfüllung Methanol beträgt laut Ingenieur Gumpert mindestens 500 Kilometer.

Skepsis aus der Praxis: Zu teuer

Trotzdem: Gumperts ehemaliger Arbeitgeber Audi interessiert sich nicht für dessen Neuentwicklung. Auf Anfrage von Kontrovers schreibt das Unternehmen: "Die Elektromobilität ist der mit Abstand effizienteste Weg zur Dekarbonisierung und zum Erreichen der CO2-Flottenziele. Audi konzentriert sich daher auf batterieelektrische Mobilität."

Auch der Ulmer Unternehmensberater Arnold Lamm glaubt daran, dass sich das batterieelektrische Auto durchsetzen wird. "Der Zug ist abgefahren, den können Sie nicht mehr aufhalten", sagt Lamm bei einem Treffen mit Gumpert. Als Ingenieur hat er mehr als 20 Jahre für Daimler gearbeitet. Der Stuttgarter Autobauer setzte Ende der 90er-Jahre selbst auf einen Antrieb mit Methanol-Brennstoffzelle, den damals erhofften Durchbruch schaffte der Konzern aber nicht. Das Fazit von Lamm heute: "Technisch funktioniert das, aber für einen Massenmarkt halte ich dieses System damals wie heute für wesentlich zu komplex und zu teuer und zu aufwändig."

Gumpert widerspricht: Mein Antrieb ist wettbewerbsfähig

Roland Gumpert widerspricht. Sein Antrieb funktioniere: im Prototypen der von ihm gebauten "Nathalie", einem 400.000 Euro teuren Super-Sportwagen, den er nächstes Jahr in einer Kleinserie fertigen will. Aber auch in einem E-Smart, den er umgerüstet hat: "Wir wissen ganz sicher, dass wir kostenmäßig mit Massenprodukten hinkommen. Unser System einschließlich der Batterie ist letztendlich nicht teurer als ein Batterieauto", sagt Gumpert. Mehr als eine Stunde diskutiert er mit dem Ingenieurskollegen Lamm. Der Ulmer Unternehmensberater bleibt dabei. Für Pkw sei das Konzept zu teuer, nur im Bereich der Langstrecken-Lkw könnte es gegenüber reinen Wasserstofffahrzeugen und Elektrolastwagen Vorteile haben.

Ein Skeptiker ändert seine Meinung

Im Anschluss an das Treffen zwischen den beiden Ingenieuren denkt Lamm die technischen Details nochmal in Ruhe durch - und ändert seine Meinung: "Das Konzept (…) gefällt mir mittlerweile, je länger ich drüber nachdenke, sehr gut", schreibt er dem BR-Politikmagazin Kontrovers. Einige Punkte seien zwar verbesserungswürdig, aber: "Am Ende ist die Technologie in dieser Konfiguration in jedem Fall lohnenswert, weiter gefördert zu werden."

Ein Versuchsfahrzeug gehört dem Bundesverkehrsministerium

Sollte sich also die Bundesregierung für das E-Auto mit Methanol-Brennstoffzelle interessieren? Zumindest Verkehrsminister Andreas Scheuer kennt das Konzept. Bereits vor zwei Jahren war Gumpert mit seiner "Nathalie" in Berlin. Scheuer schien angetan. Doch hilft ein 400.000 Euro teurer Supersportwagen im Kampf gegen den Klimawandel wirklich weiter? Aus dieser Erwägung heraus schickte Scheuer Ingenieur Gumpert mit einer Hausaufgabe zurück nach Ingolstadt. Er solle beweisen, dass sein Antriebskonzept auch in einem Kleinwagen funktioniere.

Bundesverkehrsministerium sieht keine Massentauglichkeit

Zwei Wochen später rollte ein E-Smart auf das Firmengelände von Gumpert. Geschickt hatte ihn das Bundesverkehrsministerium, das bis heute Eigentümer des Autos ist. Das Auto wurde wie gewünscht umgerüstet. Seither ist es 15.000 Kilometer gefahren. Laut Gumpert: Problemlos, ohne Ladekabel, nur mit grünem Methanol betankt.

Aber: All seine Versuche, den Minister darüber zu informieren, scheitern monatelang. Mails der Firma mit der Bitte, den Smart in Berlin vorstellen zu dürfen, bleiben einfach unbeantwortet. Auch mehrere Interviewanfragen von Kontrovers lehnt die Pressestelle ab. Aus Termingründen. Statt eines Interviews mit Scheuer bekommt das BR-Politikmagazin nur eine schriftliche Stellungnahme. Mit dem Kernsatz: Methanol-Brennstoffzellen-Systeme seien "keine massentaugliche Lösung".

Gumpert will nicht aufgeben

Erst jetzt, nach monatelanger Funkstille, meldet sich das Bundesverkehrsministerium bei Roland Gumpert. "Vielleicht liegt es ja an den Recherchen von Kontrovers, vielleicht sind es ja auch die Gewissensbisse des Ministers", mutmaßt der 76-Jährige mit etwas Galgenhumor vor einem Telefontermin mit zwei Abteilungsleitern des Berliner Ministeriums. Nach diesem vertraulichen Gespräch zeigt er sich optimistisch: "Endlich sind wir aus der Schublade. Wir sind vergessen worden und man hat sich entschuldigt und man wird uns jetzt bald einen Termin für eine Videokonferenz geben. Wegen der Corona-Pandemie müssen Probefahrten und persönliche Treffen in die Zukunft verschoben werden."

Also doch noch Hoffnung? Gumpert weiß selbst: So vielversprechend sein Antriebskonzept aus seiner Sicht auch aussieht. Der Kurs von Industrie und Politik scheint bereits festgelegt – in eine andere Richtung. Der Ingenieur will trotzdem für seine Vision weiterkämpfen: für das andere Elektroauto.

? So funktioniert die Methanol-Brennstoffzelle

Eigentlich basiert das Antriebskonzept von Roland Gumpert auf einer Brennstoffzelle. Allerdings tanken seine Autos keinen Wasserstoff, was technisch aufwändig und teuer ist. Um diesen Problemen aus dem Weg zu gehen, kommt bei Gumpert ein Methanol-Wasser-Gemisch in den Tank. Das geht so unkompliziert und schnell wie bei einem Benziner oder Diesel. Erst im Auto selbst wird dieses Gemisch erhitzt und so in seine Bestandteile zerlegt. Der Sauerstoff und das Kohlendioxid entweichen in die Luft. Wenn klimaneutrales Methanol verwendet wird, sind das keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen. Den Wasserstoff aus dem Methanol wandelt die Brennstoffzelle in Strom um, der den Elektromotor laufen lässt.

Kombination von Brennstoffzelle und Batterie macht den Unterschied

Erstmals realisiert hat Ingenieur Gumpert sein Antriebskonzept in seinem Sportwagen "Nathalie", einem zweisitzigen Coupé mit 550 PS, dessen Spitzengeschwindigkeit bei 300 Stundenkilometern liegen soll. Die Brennstoffzelle produziert im Auto genug elektrischen Strom, um mit einer Geschwindigkeit von bis zu 130 Stundenkilometern unterwegs zu sein. Wenn man schneller fahren will, versorgt die Batterie den Elektromotor mit der zusätzlich benötigten Energie. Sinkt die Geschwindigkeit unter Tempo 130, liefert die Brennstoffzelle nicht nur den Fahr-Strom, sondern sie lädt gleichzeitig auch die Batterie wieder auf. Der Autoantrieb braucht ja in dieser Phase weniger Strom, als die Brennstoffzelle produziert. Kommt das Fahrzeug ganz zum Stehen, fließt der gesamte Strom aus der Methanol-Brennstoffzelle in die Batterie. Sollte einmal die Batterie leer sein, kann "Nathalie" also immer noch weiterfahren, maximal aber mit Tempo 130. Und das natürlich auch nur, solange Methanol im Tank ist. Die Reichweite des Autos gibt Roland Gumpert mit etwa 800 Kilometern an. Spätestens dann müsse es wieder aufgetankt werden. Aber eben nicht wie ein herkömmliches E-Auto mit einem Ladekabel, sondern so, wie man es von Fahrzeugen mit Verbrenner-Motor kennt.

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