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Zweifel über Zweifel über die jüngsten Thesen von Santa Marta über die sich nach gesellschaftlichen, politischen, kulturellen Veränderungen "weiterentwickelnde" göttliche Offenbarung.

Der Finanzethiker und ehemalige Präsident der Vatikanbank IOR Ettore Gotti Tedeschi

greift das Apostolische Schreiben Laudate Deum und die römischen Antworten auf die jüngsten Dubia der fünf Kardinäle Brandmüller, Burke, Sandoval, Sarah und Zen auf,

um nach den sich daraus ergebenden Konsequenzen zu fragen und ganz konkret, welche Folgen das für den Wirtschaftsbereich und für ihn als Wirtschaftswissenschaftler hat.

Dabei kommt ihm ein großer Zweifel.

Dubia dubitati

Von Ettore Gotti Tedeschi*

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Ich möchte Heilige und Theologen nicht mit Abschweifungen langweilen, die als herbeigeredet und unpassend empfunden werden könnten, aber ich habe so meine Zweifel, daß ich in der Lage bin zu verstehen, daß die göttliche Offenbarung, an der ich (mit großer Anstrengung und zugegebenermaßen bescheidenen Ergebnissen) versucht habe, mein Verhalten auszurichten, dank des Klimawandels für „notwendige“ kulturelle, soziale, wirtschaftliche und moralische Veränderungen „umgedeutet“ werden kann.

Wenn überhaupt, hätte ich mir eher das Gegenteil vorgestellt: eine Bekräftigung der Offenbarung, anstatt sie neu zu interpretieren. Aber stur, wie ich bin, fällt es mir schwer, zu verstehen, daß man als Folge großer kultureller Veränderungen auch Verhaltensweisen als gut zu akzeptieren habe, von denen bisher abgeraten wurde (vielleicht sogar zu wenig, wenn man das Ergebnis bedenkt), oder daß man Handlungen nach einer undenkbaren Anstrengung der Unterscheidung gutheißen soll. Wer weiß denn schon, wie man diese kontextualisierte Unterscheidung vornimmt?

Und schließlich finde ich es als moralisierender Ökonom verwirrend, zu verstehen, daß ich, wenn jemand einen Fehler macht und einen (wirtschaftlichen) Schaden verursacht, ihn (fast wie ein Beichtvater) „freisprechen“ muß, damit ihm keine Skrupel kommen, er nicht getadelt wird, und ich nicht grausam zu ihm bin.

Ich möchte aber jenen, die sich mit den Dubia beschäftigen, in aller Bescheidenheit empfehlen, darüber nachzudenken, daß, wenn „Gut und Böse“ verwechselt werden und nur das, was nützlich erscheint, auch gut und richtig ist, man Gefahr läuft, zu spät zu erkennen, daß das Tun von Bösem-Nützlichem (alles natürlich nach entsprechender Unterscheidung…) wirtschaftlich mehr einbringt als das Tun von Gutem. Und wenn man das entdeckt, dann besteht die Gefahr, daß man sich fragt, warum in aller Welt man Gutes tun sollte (wenn sich ohnehin die Offenbarung „weiterentwickelt“ und sich vielleicht morgen aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen herausstellt, daß es Belohnung oder Strafe gar nicht gibt).

Dieser Zweifel ist mir gekommen. Deshalb beanspruche ich für Ökonomen die Möglichkeit zur moralischen „Verweigerung aus Gewissensgründen“.

Oder liege ich da falsch?

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